Reisebüro immer noch notwendig - vor allem teure Produkte offline - selbstständiges Buchen steigt - Travel Consulting geht online
Bis zum heutigen Tag gibt es in Russland keine vollwertige OTA. Der Hintergrund dieser Situation: Der Veranstalter-Markt verfügt nach wie vor über große Netzwerke an klassischen Reisebüros. Die Vor-Ort-Beratung in russischer Sprache und die nach wie vor für viele Staaten bestehende Visumspflicht bleiben für den Gesamtmarkt wichtige Motive dafür, seine Reise im Reisebüro zu buchen.
Das Online-Geschäft mit b2c-Packages konzentriert sich hauptsächlich auf die Onlineportale großer Reiseveranstalter, die sukzessive Teile ihres offline-Geschäft ins Internet verlagern. So werden etwa Online-Beratungen in Kombination mit dem klassischen Offline-Verkaufsprozess angeboten. Beispiele für solche Veranstalter sind der internationale TUI-Konzern oder der russische Veranstalter TEZ-Tour.
Dmitrij Gorin, CEO der Holding „Vipservis“, sieht den höchsten Anteil an Online-Buchungen bei „leicht paketierbaren“ Produkten wie Charterreisen in die Türkei.
Fast 30% dieser Reisen im Bereich bis 40.000 Rubel (ca. 550 Euro) würden nach Meinung verschiedener Experten heute in Russland online gebucht. Teurere Produkte seien in der Regel komplexer in ihrer Zusammensetzung und daher schwerer online verkaufbar. Insgesamt liegt der Anteil online gebuchter Veranstalter-Reisen bei nur rund 20% und entwickelt sich nur schleppend nach oben.
Das selbstständige Buchen liegt dennoch im Trend: Der Anteil der vollkommen individuell gebuchten Reisen nach Europa, ohne Kontakt mit einem Reisebüro oder einem Reiseveranstalter zu haben, ist dahingegen mittlerweile größer als der der im Reisebüro gebuchten Touren und liegt bei rund 60%.
Die für Ticketbuchungen am häufigsten verwendeten Portale sind aviasales.ru mit 4,5 Mio. Unique Visitors im Monat, skyscanner.ru (3,5 Mio.) und avia.yandex.ru (1,4 Mio.). Bei den Hotelbuchungsplattformen dominiert booking.com mit einem Anteil von rund 70% den Markt – und ist damit insgesamt wohl an jeder zweiten aus Russland gebuchten Reise beteiligt.
Die weitere Entwicklung von OTAs in Russland dürfte weniger im Bereich des Aggregierens von Packages oder beim dynamic packaging liegen, sondern auf der Ebene des Travel-Consultings. Experten gehen davon aus, dass sich der hohe Beratungsanteil – gerade im Bereich hochpreisiger Reisen – zunehmend in den Bereich der Online-Kommunikation verlagern wird. Die Produktpalette von OTAs wird vorerst wohl nur im Bereich massentauglicher und einfach aufgebauter low-cost-Produkte wachsen.