Mit Teamgeist nach oben

Mit Teamgeist nach oben

Seit 2015 steht Helga Freund als Vorstandsdirektorin an der Spitze der Verkehrsbüro Group. Mit dem bu//etin hat Freund über ihre Leidenschaft für den Tourismus und die Bedeutung von qualifizierten Reiseberatern im Onlinezeitalter gesprochen.

bu//etin: Sie wurden in der Tiroler Wildschönau geboren und sind auch dort aufgewachsen: War der Weg in den Tourismus bereits vorprogrammiert?

Freund: Ich habe in den Ferien im Hotel, im Reisebüro oder im Bergbauernmuseum gearbeitet. Das hat mir gefallen und ich bin in ein Tourismus-College gegangen und so in die Branche eingestiegen. Ich habe beruflich mal einen kurzen Abstecher außerhalb der Reisebranche gemacht – aber mich hat es in den Tourismus zurückgezogen.

Welche Herausforderungen mussten Sie auf der Karriereleiter nach oben überwinden?

Herausforderungen habe ich immer gerne angenommen und ich war von Beginn an bereit, Verantwortung zu übernehmen und mich etwas Neues zu trauen. Meine Begeisterung für neue Aufgaben, viel Neugierde und Mut waren sicher hilfreich. Und ich hatte Wegbegleiter, die mich gefördert haben und mich Dinge ausprobieren haben lassen. Das hat mich motiviert, Herausforderungen anzunehmen und neue Geschäftsfelder zu entdecken.

Was bereitet Ihnen an Ihrem Job am meisten Freude?

Reisen ist ein schönes Produkt. Man muss sehr flexibel sein, vernetzt und global denken und ist viel unterwegs – es macht mir viel Spaß. Auch die Mentalität der Menschen, die im Tourismus arbeiten, ist mir sympathisch. Außerdem schätze ich die Arbeit mit meinem Team, mit dem ich eine sehr offene Kommunikation pflege.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Teamorientiert, das finde ich besonders wichtig im Tourismus. Ich glaube, in der Hinsicht bin ich eine richtige Tirolerin, offen und direkt. Ich lege die Sachen gerne auf den Tisch und spreche die Dinge klar an. Wichtig ist mir ein vertrauensvolles Verhältnis zu meinen Mitarbeitern, sie eigenverantwortlich arbeiten zu lassen. Nur so können sie wachsen und das Unternehmen weiterbringen.

Mit welchen Veränderungen sieht sich ein Tourismuskonzern wie die Verkehrsbüro Group in Zeiten des digitalen Wandels konfrontiert?

Wir haben das Projekt „Ruefa 2020“ laufen, wo wir in Zusammenarbeit mit Start-ups schauen, wie wir die Reisebüros zukunftsfit machen. Anhand der Customer Journey sehen wir genau: Die Österreicher recherchieren viel online, kommen dann aber zum Buchen ins Reisebüro. Die Vielzahl an Angeboten ist für viele Menschen schwer überschaubar und oft verwirrend. Wir verknüpfen offline immer stärker mit online: Nutzer können etwa mit unseren Reiseberatern online chatten und sich informieren. Auch sind wir gerade dabei, das Expertenwissen unserer Berater in den Mittelpunkt zu rücken: Wer beispielsweise in die Mongolei reisen möchte, wird dann online auf unseren Experten für diesen Teil der Welt aufmerksam. Dass gutes Service ein Thema ist, zeigt sich besonders bei Ereignissen wie Hurrikans oder Terrorangriffen. Wir kontaktieren unsere Kunden aktiv, ob sie Unterstützung brauchen – das wird sehr geschätzt.

Wie haben sich die Urlaubsbedürfnisse der Gäste verändert? Welche Segmente sind im Kommen, welche verlieren an Bedeutung?

Der Trend geht ganz klar Richtung individuelles Reisen, weg von 08/15-Produkten. Die Kunden kommen mit konkreten Vorstellungen und sagen beispielsweise, dass sie ein kleines Hotel, einen bestimmten Strand, ein Auto für eine Rundreise für zehn Tage möchten. Gefragt sind auch Kreuzfahrten – immer mehr von Familien. Und Themenreisen wie Sporttrips zu Marathonläufen auf der ganzen Welt. Oder Studienreisen, aber in kleinen Gruppen oder gar nur zu zweit mit einem eigenen Driver und Guide. Eine Trendumkehr ist, dass früh gebucht wird. Das zeichnet sich für den Winter und für 2018 wieder ab.

Auf welche Kundenbindungsinstrumente setzen Sie?

Vor einem Jahr haben wir die „Loyality Engine“ ins Leben gerufen. Wenn z. B. ein Kunde im Vorjahr bei Ruefa gebucht hat und heuer noch nicht, dann ruft der Betreuer aus dem Reisebüro persönlich an und macht Vorschläge. Das wird von den Kunden sehr gut angenommen, die sich gut aufgehoben und serviciert fühlen.

Welche Trends sehen Sie im Bereich Business-Touristik?

Hier setzen wir in Kürze auf das neue Buchungstool „KDS Neo“, das Door-to-Door-Buchungen ermöglicht. Der Trend geht hin zum Komplettanbieter, der nicht nur Flug und Mietwagen, sondern Transfer und andere Leistungen vermittelt. Außerdem arbeiten wir an „Bleisure“-Angeboten, einer Kombination aus Business und Leisure. Geschäftsreisende möchten an einen Business-Trip ein paar Tage anhängen. Wenn sie schon mal in New York sind, buchen sie einige Tage privat dazu.

Welche Projekte liegen Ihnen aktuell besonders am Herzen?

Das Projekt „Ruefa 2020“, an dem wir schon intensiv arbeiten. Außerdem verstärken wir den Hoteleinkauf in Zentraleuropa, weil wir sehen, dass dieses Segment weiterwächst. Wir produzieren bei Ruefa weniger Kataloge mit reiner Produktinfo und Preistabellen, sondern entwickeln Journale mit spannenden Reise-Storys, die Lust auf Urlaub machen. Und online findet man dann die tagesaktuellen Preise und Details dazu.

Die Sommersaison geht zu Ende: Wie entwickelten sich die Reiseströme in Europa und wie lautet ihr Fazit für Österreich?

Für Ruefa beispielsweise wird es eines der erfolgreichsten Reisejahre in der Geschichte aus heutiger Sicht. Im Sommer beträgt das Umsatzplus zwölf Prozent. Griechenland ist der absolute Gewinner und hat Spanien überholt, gefolgt von Italien und Kroatien. Und der Winterumsatz übertrifft dieses Wachstum derzeit sogar. Spanien und viele Fernreiseziele wachsen zweistellig. Auch der Sommerurlaub in Österreich ist wieder gut verlaufen und die Zeichen für den Winter sind positiv. Die Vorausbuchungen liegen über jenen des Vorjahrs. Wie sich die Buchungen letztendlich entwickeln, hängt davon ab, wann der Schnee kommt.

Wo haben Sie heuer Ihren Sommerurlaub verbracht?

Eigentlich wollte ich nach Schottland, habe dann aus privaten Gründen Urlaub zu Hause in Tirol gemacht. Ich war wandern, bin Rad gefahren und habe Golf vor der „Haustür“ gespielt, dabei bekomme ich den Kopf am besten frei. Es war schön, wieder mal Zeit zu haben, hier etwas zu unternehmen. Ansonsten bin ich ein Griechenlandfan, ziehe mich gerne auf eine griechische Insel zurück. Was mir überall wichtig ist: Ich liege nicht stundenlang am Strand, sondern möchte etwas unternehmen.