Ob am Strand oder im Stadtcafé: Digitale Nomaden arbeiten dort, wo andere Urlaub machen, und sind dabei nur auf einen Laptop und das Internet angewiesen.
Die Arbeitswelt ist im Umbruch: Besonders die junge Generation möchte sich nicht nur in der Freizeit, sondern auch im Job selbst verwirklichen und fühlt sich in der starren 40-Stunden-Woche am Schreibtisch eingeengt. Sie möchte flexibel sein und selbst über ihre Zeit verfügen. Das Internet eröffnet die Möglichkeit, online Geld zu verdienen und ortsunabhängig zu arbeiten. Diese Vorteile machen sich die „digitalen Nomaden“ zunutze: Sie setzen ihre Ideen an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt um – und verbinden das Reisen mit dem Arbeiten. Nur wenige von ihnen sind angestellt: Die meisten sind selbstständig etwa als Texter, Programmierer oder Fotografen tätig. Viele Menschen aus der Kreativbranche haben das neue Arbeitsmodell für sich entdeckt. Denn die sich ständig verändernde Umgebung bringt auch laufend neue Inspirationsquellen. „Mein Zuhause ist mein Rucksack. Mein Office die Welt“, schreibt Conni Biesalski in ihrem Reiseblog planetbackpack.de. Das klassische Arbeitsleben fühlte sich für sie nicht richtig an. „Es war als würde mit jede Minute mein Leben geraubt werden – Zeit, die ich nie wieder zurückbekommen würde. Aber auch körperlich habe ich gespürt, dass mir die Arbeit im Hamsterrad nicht bekommt“, berichtet Conni. In den letzten Jahren hat sie erfolgreich eine Reihe von Einnahmequellen aufgebaut: planetbackpack.de zählt zu den gefragtesten Reiseblogs im deutschsprachigen Raum, über Werbung und Kooperationen verdient sie damit Geld. Außerdem bietet Biesalski Onlinekurse an und zeigt angehenden digitalen Nomaden, wie sie im Web durchstarten können.
Nicht immer ist der Strand der Ort, an dem es sich am besten arbeiten lässt. Lieber mieten sich die Nomaden temporär in „Co-Working Spaces“ ein, wo sie ihren Arbeitsplatz mit anderen teilen. Dort erwirtschaften sie das Geld, das sie fürs Reisen brauchen – oft ist das weniger, als man in Österreich oder Deutschland zum Leben benötigt. Denn digitale Nomaden suchen bevorzugt Orte in Asien oder Südamerika auf, wo die Lebenskosten niedrig sind. Die Insel Bali beispielsweise ist ein begehrter Hotspot: Der im Jahr 2013 von einem Kanadier gegründete Co-Working Space „Hubud“, der erste seiner Art auf Bali, zählt heute 5.000 Mitglieder aus aller Welt. Sogar Barack Obama gastierte 2017 im Hubud, um mit Blick aufs Reisfeld seine Memoiren zu schreiben.
Innerhalb weniger Jahre haben sich die digitalen Nomaden von einer Ausnahmeerscheinung zu einer veritablen Bewegung entwickelt. Ständig eröffnen neue Co-Working Spaces und die Szene zählt immer mehr Events. Marcus Meurer und Felicia Hargarten sind die Initiatoren der „DNX-Bewegung“ und betreiben Plattformen zu unterschiedlichen Themen – von Websites, die einen Überblick über Co-Working- und Co-Living-Anbietern bieten, bis hin zu einem Jobportal. Ein jährliches Highlight ist die DNX-Konferenz in Berlin, die mehr als 1.000 Besucher anzieht. Doch so reizvoll es auch klingen mag, unabhängig die Welt zu entdecken und dabei auch noch Geld verdienen: Das Leben mit leichtem Gepäck, ohne festen Wohnsitz und weit weg von der Familie hat auch seine Schattenseiten. Nicht jeder findet im Nomadenleben sein Glück. Meurer ist überzeugt, dass es mit großer Sicherheit auch Menschen gibt, zu denen dieser Lifestyle überhaupt nicht passt. Das müsse jeder für sich selbst herausfinden.