Influencer genießen bei ihren Followern immenses Vertrauen – immer noch. Das macht sie als Werbepartner interessant. Auch im Tourismus. Wir haben uns angesehen, was Influencer leisten können, was nicht, und was es bei der Zusammenarbeit mit ihnen zu beachten gilt.
Ein Foto mit Spezial-Cocktail an der Bar, ein Schnappschuss von der Kissenschlacht im Himmelbett oder ein Bikini-Foto aus dem Spa-Bereich... Influencer teilen ihr scheinbar perfektes Leben mit ihren Followern. Bei diesen genießen sie – allen Unkenrufen zum Trotz – offenbar nach wie vor hohes Vertrauen. Das zeigt zum Beispiel eine im Vorjahr von der Media Elements Group beauftragte Studie aus Deutschland. Befragt wurden Personen zwischen 16 und 35 Jahren, die in den vergangenen sechs Monaten aufgrund eines Influencer-Beitrags mindestens ein Produkt gekauft bzw. einen kostenpflichtigen Service in Anspruch genommen hatten. Für jeden vierten Befragten zählen laut Studie die Empfehlungen von Influencern so viel wie die von Freunden oder Familienmitgliedern.
Tatsächlich klingen typische Influencer-Postings mehr nach einer Empfehlung eines guten Freundes, weniger nach Werbung. Durch die emotionale Verbindung mit seinen Fans wirkt der Influencer vertrauenswürdig. Dass Produktplatzierungen auf Social-Media-Kanälen gesetzlich verpflichtend als Werbung zu kennzeichnen sind, tut diesem Vertrauen ganz offenbar keinen Abbruch.
Kein Wunder, dass Influencer-Marketing bei Werbern hoch angeschrieben ist. Auch im Tourismus.
Es heißt, ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Ein glasklarer See, in dem sich eine beeindruckende Gebirgskulisse spiegelt, oder ein Foto vom prall gedeckten Frühstückstisch im Hotel –Urlaubsbilder kommen gut an im Netz. Was liegt näher, als diesen Umstand für Tourismus-Marketing zu nutzen? Influencer können Dienstleistungen und touristische Angebote online ins Rampenlicht rücken und einem breiten Publikum näherbringen.
Influencer wie Vasileia Eleftheriadou, kurz Silia. Die griechische Fotografin hat sich in den sozialen Medien als „The Viennese Girl“ einen Namen gemacht. Seit neun Jahren lebt sie in Wien. Auf ihren Kanälen erzählt sie über die schönsten Seiten der österreichischen Bundeshauptstadt – und natürlich über ihre Reisen quer durch Österreich. Allein auf Instagram kommt die Influencerin auf über 55.000 Follower. Influencerin möchte Silia aber gar nicht genannt werden. „Ich bezeichne mich eher als Content Creator, das Wort Influencer hat in den Medien oft einen kritischen Beigeschmack“, sagt sie.
Als Berufsbezeichnung ist der Begriff nicht geschützt, jeder kann sich Influencer nennen. „Es ist oft schwer, professionelle Influencer von Hobby-Instagramern zu unterscheiden. Bei Kooperationen sollte daher das Hotel den Influencer aussuchen, nicht umgekehrt“, rät Silia. Und: „Der Influencer sollte zum Auftraggeber und seinem Angebot passen.“
Die Themen, worüber Influencer berichten, sind vielfältig. Gepostet wird, was Spaß macht. Lifestyle, Reisen, Beauty oder Fashion. Viele Influencer spezialisieren sich zudem auf ein konkretes Interesse, das sie von der Konkurrenz abhebt. Dementsprechend ist die Suche nach dem richtigen Kooperationspartner eine eigene Herausforderung. Ein gutes Portfolio mit Probetexten und Referenzen ist ein erster Indikator, wie professionell jemand seinen Content erstellt.
Den Kunden interessieren natürlich Zahlen: Wie groß ist die Reichweite eines Kanals? Von der bloßen Anzahl der Follower sollte man sich aber nicht blenden lassen. Fake-Follower lassen sich im Netz relativ günstig einkaufen. Vor einer etwaigen Zusammenarbeit sollten Auftraggeber unbedingt ihre Hausaufgaben machen und in die Recherche gehen. Sehen Sie sich die Postings des Influencers genau an. Erhält er auffällig viele Likes, aber kaum Kommentare? Das könnte ein Hinweis auf Unregelmäßigkeiten sein. Mit professionellen Tools lässt sich zudem die Followerschaft genauer analysieren. Woher kommen sie? Gehören sie tatsächlich zur Zielgruppe, die Sie mit der Kooperation erreichen möchten? Diese Analyse ist nicht ganz banal, zudem agieren die unseriösen Anbieter immer gefinkelter.
Im Zweifelsfall sind persönliche Empfehlungen noch immer das beste Qualitätsmerkmal. Haben befreundete Touristiker mit einem Influencer bzw. einer Influencerin schon zusammengearbeitet und können ihn oder sie empfehlen?
Den genauen Umfang der Kooperation zu definieren, ist essenziell. Wie viele Posts sollen entstehen? Auf welchen Plattformen? Sollen bestimmte Hashtags verwendet werden? Wieviel kreative Freiheit hat der Influencer? Kann er oder sie Motive und Themen selbst wählen oder werden sie vom Auftraggeber vorgegeben? All das gilt es zu definieren. So werden Missverständnisse und falsche Erwartungen vermieden – und das auf beiden Seiten.
Um Influencer-Kooperationen professionell abzuwickeln, setzt das Hotel Schloss Mönchstein in Salzburg auf externe Expertise. Eine Agentur findet passende Influencer und Blogger. Der Kunde hat freilich dennoch konkrete Vorstellungen. „Für uns spielt das Auftreten der Person eine Rolle, also ob die Person zum Haus passt und sich unsere Gäste auch mit der Person identifizieren können – und natürlich die Reichweite“, sagt Hotel-Direktorin Samantha Teufel.
Häufig kommt es vor, dass Influencer Häuser aktiv anschreiben und um eine Kooperation anfragen. Wie gehen Hotels damit um? Teufel: „Wir sehen uns den Account an, um uns ein Bild von der Person zu machen. Handelt es sich um einen Premium-Auftritt? Wenn wir ein gutes Gefühl haben, nehmen wir Kontakt zu unserem Social-Media-Betreuer auf.“
Influencerin Silia sieht das etwas strenger. „Ich werde von meinen Kunden angesprochen und entscheide, ob ich die Kooperation annehme.“ Wenn Influencer Hotels mit Anfragen zu Gratis-Übernachtungen konfrontieren, hält sie das für unprofessionell. „Das schädigt unsere ganze Branche“, sagt sie im Interview (siehe linke Seite).
Wie sehr solche Gratis-Anfragen eskalieren können, zeigt der mittlerweile legendäre Fall der YouTuberin Elle Darby. Sie hatte beim Betreiber eines Hotels in Dublin um eine Kooperation angefragt. Gratis-Übernachtung für sich und ihren Partner gegen Postings für ihre 87.000 YouTube- und 67.000 Instagram-Follower. Der Betreiber des White Moose Café Paul Stenso war not amused und nutzte die Gelegenheit, um sich auf Social-Media über das Anspruchsdenken von Influencern und die Gratiskultur auszulassen. Das brachte ihm Zuspruch, aber auch viel Kritik, spätestens nach einem tränenreichen Video der YouTuberin, die einem regelrechten Hasssturm ausgesetzt war. „Ein simples Nein hätte auch gereicht“, sagte sie.
Das mediale Echo war gewaltig und die Aktion brachte Stenso am Ende mehr Publicity, als es herkömmliche Marketing-Aktionen zu leisten in der Lage wären. Womit zumindest eines bewiesen wäre: Influencer-Marketing wirkt.