Wie kann man im Kampf um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe führend bleiben? Wofür und wie kann man Communities nutzen? Welche Rolle kommt Medien im Zeitalter der Digitalisierung zu? Diesen und weiteren Fragen wurde am 8. November 2019 am Media Innovation Day des Forum Journalismus und Medien Wien nachgegangen.
Bereits seit mehreren Jahren organisiert das Forum Journalismus und Medien Wien, kurz fjum, die Media Innovation Tage zu diversen Themen. 2019 wurde die Frage, wie man Communities aufbaut, zum zentralen Aufhänger. Renommierte Speaker aus der Medienwelt, darunter Romanus Otte von Business Insider oder Peter Linder von der Süddeutschen Zeitung, diskutierten, warum konstruktiver Journalismus nötiger denn je ist, wie sich Journalisten mehr Gehör verschaffen können oder was Social Listening unter der Leserschaft bringen kann.
Die Digitalisierung hat die Medienwelt durchgerüttelt: Von der Produktion über das Produkt bis hin zu Nutzung und Vertrieb hat die digitale Revolution die Branche in ihren Standfesten grundlegend verändert. Allein die Verpflichtung zu informieren und zu inspirieren hat Bestand. Hinzu kommt eine aufgeheizte Stimmung in der Gesellschaft bis hin zu erhöhter verbaler Gewaltbereitschaft und ein genereller wirtschaftlicher Druck. Vor diesem Hintergrund muss Journalismus neue Aufgaben und Rollen finden und wahrnehmen. Jost Lübben von der Westfalenpost sieht eine wesentliche Aufgabe darin, Agendasetting zu betreiben: Also Themen aufzugreifen, die für die Gesellschaft relevant sind, diese konstruktiv zu diskutieren und (ggf. mit der Politik) Lösungen zu finden.
In der Werbe- wie auch in der Medienbranche ist die Aufmerksamkeit der Zielgruppe das meistumkämpfte Gut. Um relevant zu sein, muss zuallererst der Journalismus gut sein, sprich der Content stimmen. Dann gilt es, die professionellen Strukturen auszureizen: Man muss die Zielgruppe genau kennen und die Ausspielung medienadäquaten Contents professionalisieren. Das kann so weit gehen als Journalist (aber auch als Marketingtreibender) den persönlichen Social Media-Account für die eigenen oder die Unternehmensbotschaften (Stichwort Brand Ambassador) zu nutzen. Alexandra Stanić (Vice) ist darin Meisterin: Sie nutzt Instagram als eigenes Medium, um dort mit ästhetischem Bild- und spitzem Wortcontent ihr wichtige Inhalte zu kommunizieren. Und ist damit erfolgreich. Im November 2019 zählt sie mehr als 38 tausend Insta-Follower.
Warum Stanić so erfolgreich ist, liegt auch daran, dass sie Stories aus ihrer Leserschaft generiert. Ihre Follower tauschen sich mit ihr darüber aus, was sie bewegt, was Stanić wiederum in gesellschaftsrelevante Inhalte verpackt. Ähnliches hat auch Mark Frankel (vormals BBC) getan, als er in diverse Communities auf Facebook, Reddit oder gar Discord eingestiegen ist, um den Diskussionen derer zu lauschen, die sich darin zu konkreten Themen ausgetauscht haben. Die Stories, die daraus entstanden sind, wurden die populärsten in der BBC-Leserschaft. Die Klickraten stiegen. Dank „neuer“ Stories gelang es aber auch, neue Leser und Leserinnen anzusprechen. Ein solches Social Listening in Communities erlaubt tiefe Einblicke in die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppen, die etwa in Umfragen oder Fokusgruppen kaum erhoben werden können.