Angewandte Nachhaltigkeit / Teil 2
Der Österreichische Alpenverein initiierte 2008 das Projekt der Bergsteigerdörfer, das sich seither kontinuierlich weiterentwickelt und sich in Österreich, Südtirol, Italien, Deutschland und Slowenien als Marke etablieren konnte. Als offizielles Bergsteigerdorf gelten kleine, ruhige Orte abseits der Hauptverkehrsströme und mit alpintouristischem Angebot nach Vorstellung der Alpenvereine: Keine großen Skigebiete, dafür mit lebendiger Alpintradition, gutem Wege- und Schutzhüttennetz und hoher landschaftlicher, ökologischer Qualität. „Das sind Orte mit touristischer Basisinfrastruktur, wovon sie meist nicht ausschließlich leben. Falls dieser Sektor aber wegbricht, kann sich das fatal auf die Dörfer auswirken“, sagt Marion Hetzenauer, Projektkoordinatorin der Bergsteigerdörfer.
Die Initiative will kleine Orte sanft beleben und einen Gegenentwurf zu touristischen Hochburgen liefern, womit hauptsächlich eine naturaffine, genügsame und aktive Zielgruppe angesprochen wird. Die große monetäre Wertschöpfung will man damit nicht erreichen. Vielmehr geht es um die Erhaltung der Dorfkultur und um einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung im ländlichen Raum. Das Projekt basiert auf Prinzipien der Alpenkonvention, die ebenso nach Konzepten für ein zukunftsfähiges Leben in den Alpen ohne extremen Ausbau, etwa für den Wintersport, sucht. Doch wie könnten touristische Hochburgen aus Sicht des Alpenvereins nachhaltiger werden? „Der Tourismus ist eine wichtige Säule der hiesigen Wirtschaft und ein Konzept wie jenes der Bergsteigerdörfer ist freilich nicht überall umsetzbar. Wir finden aber, dass die bestehende Infrastruktur verbessert und multifunktional genutzt werden könnte, statt an Erweiterungen zu denken“, erklärt Hetzenauer.
Der Alpenverein befürwortet eine Streuung, etwa mit einem ganzjährigen Angebot, das sich auch örtlich breiter aufstellt. „Dort, wo es notwendig ist, kann man Besucherströme lenken und Alternativangebote schaffen, falls bestimmte Orte überlaufen sind“, sagt Hetzenauer. Die Projektleiterin plädiert für ganzheitliche Konzepte, die Nutzung und Schutz berücksichtigen, auch nach dem Motto „weniger ist mehr“. Damit lässt sich eine wachsende Zielgruppe erreichen, glaubt sie. „Es gibt einen zunehmenden Trend zur Entschleunigung, zum einfachen Naturerlebnis. Dabei ist weniger wirklich mehr“, so Hetzenauer. Die Expertin ist überzeugt, dass Naturerlebnisse sehr wohl ohne „Schnickschnack“ möglich sind. „Es gehört nur richtig kommuniziert“, sagt sie.